Growth Mindset – der Glaube an Veränderung und Wachstum
Der Glaube an persönliche Veränderung und Wachstum ist entscheidend für unsere Resilienz. Das belegen die Ergebnissen der ersten auf diesem Feld Forschenden, Emmy Werner und Ruth Smith.
Eine Herausforderung dabei ist unser eigener „innerer“ Kritiker, gepaart mit unserem „negativity bias“. Die Forscher Paul Rozin und Edward Royzman belegten, dass wir evolutionsbedingt darauf bedacht sind auf Gefahren und Risiken zu reagieren. Deshalb gewichten wir negative Ereignisse wesentlich höher als positive,
wir sind gewissermaßen darauf programmiert fortlaufend nach ihnen Ausschau zu halten und jedes Anzeichen auf seinen Risikogehalt zu prüfen. Natürlich hat dieses Verhalten Folgen: Kommt unerwartet eine schlechte Nachricht auf uns zu, neigen
wir schnell zu „Katastrophisierungen“.
Dabei können vermeintlich kleine Veränderungen der Perspektive einen großen Unterschied machen.
Denn versuchen wir eine konstruktive, spezifischere und reflektierte Perspektive einzunehmen, bemerken wir schnell, dass Herausforderungen oft nur temporär sind, nur einen Bereich unseres Lebens betreffen (eine Situation bei der Arbeit, einen Teil des Privatlebens) und nicht uns vollständig als Person, sondern nur einen Lebensausschnitt, eine Aktion, eine Tätigkeit, einen Prozess, an dem wir mitwirken.
Growth Mindset / Fixed Mindset
So verhält es sich auch mit unseren persönlichen Haltungen („Mindsets“). Carol Dweck hat diesbezüglich jahrelang in der Bildungs- und Arbeitswelt geforscht. Sie unterscheidet dabei das „Growth Mindset“ vom „Fixed Mindset“. Der wesentliche Unterschied ist hierbei der Glaube an Veränderung.
In den USA kamen viele Vorfälle, Skandale und Untersuchungen ans Licht, die zeigten, dass Talent und Können nicht ausreichen. Daraus entwickelte der Soziologe Benjamin Barber die These, dass es nicht um Intelligenz und Fertigkeiten allein geht, sondern um die Frage, ob jemand sich als Lernende:n begreift oder nicht. Das wäre der entscheidende „Mindset“ Unterschied.
Carol Dweck entwickelte in ihrer Mindset Forschung Prinzipien, die ein Growth Mindset ausmachen:
Mindsets sind Glaubenssätze.
Diese Glaubenssätze haben wir durch jahrelange Prägungen als feste Wahrheiten über uns verinnerlicht.
Ein „Growth Mindset“ zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass wir Rückschläge als Chancen für Lernen und Weiterentwicklung sehen können.
Das entscheidende Element für Carol Dweck ist dabei: Resilienz.
Dabei ist ein „Growth Mindset“ nicht mit Optimismus zu verwechseln. In der Tat kann ein zu großer Optimismus (Positivismus, alles in einem guten Licht zu sehen) sogar Lernen verhindern.
Unterscheidung
Ungesunder Optimismus:
Blendet das Potenzial von Rückschlägen aus
Unterdrückt oder kaschiert Rückschläge
Verhindert Lernerfahrungen
Growth Mindset:
Geht von Rückschlägen aus
Hält Rückschläge für Wachstumspotenziale
Wachstums- und Lernorientiert
Dabei geht es hierbei um eine gesunde Balance, sodass wir mit einer konstruktiven Haltung das beständige Weiterlernen ermöglichen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass wir alle Teile von „Growth Mindset“ und „Fixed Mindset“ in uns haben. Jedoch verfügt jeder von uns über verschiedene Bereiche: Solche in denen wir uns als Lernende sehen und solche in denen wir Wachstum für nicht realistisch halten. Dahinter können viele limitierende (und häufig unwahre) Annahmen und Glaubenssätze liegen, wie:
„Dafür ist es zu spät, andere haben das viel früher gelernt.”
„Niemand braucht das.”
„Andere können das. Ich nicht.“
Ein großes Hindernis stellt dabei unser Bedürfnis uns zu vergleichen dar. Gerade in Zeiten von Social Media wird dieser Drang immer mehr verstärkt. Dabei sehen wir auch hier immer nur einen inszenierten Ausschnitt der Realität. Selbst bei authentischen „Erfolgsgeschichten“ fokussieren wir uns in der Regel nur auf das (Erfolgs-)Ergebnis – und nicht auf den Prozess, den Weg dorthin.
Wir sehen nicht die stillen Stunden von Zweifel, das Hinterfragen, den Verzicht, das in Kauf nehmen von Rückschlägen – wir sehen nur das äußere Erscheinungsbild. Dieses äußere Bild vergleichen wir dann mit unserem Leben – und sehen einen großen Abstand.
Genau diese zu kurz geratenen Vergleiche können unsere Resilienz erheblich beeinträchtigen und ein „Growth Mindset“ langfristig verhindern.
Nichts spricht gegen inspirierende Medien, die uns herausfordern, etwas Neues auszuprobieren. Doch wenn sie uns daran hindern, kann es uns helfen, mit der Haltung des „kleinen Anfangs“ zu starten (Ikigai-Haltung): Es geht nicht darum, den ersten Platz zu belegen, sondern primär darum, etwas Neues zu lernen. Wir müssen es nicht gleich der ganzen Welt mitteilen. Wir können es für uns tun – und es wie ein Geheimnis, für uns bewahren.
Das „Growth Mindset“ als Lebenshaltung
Welchen Einfluss ein Growth Mindset auf uns und unser Leben haben kann, wenn wir es in unsere generelle Lebenshaltung implementieren, zeigt uns Viktor Frankl.
Von Viktor Frankl können wir lernen:
Eine konstruktive Haltung gegenüber der Zukunft ist eine Lebensnotwendigkeit.